Die
Rosenkreuzer-Weltanschauung

von Max Heindel




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Am Anfang

   Der Eingangssatz der Genesis (1. Mose der engl. King James Übersetzung) beweist, wie bereits erwähnt, daß man bei der Deutung des hebräischen Textes durch Verschiebung der Vokale und durch andere Trennung der Worte den Sinn vollkommen verändern kann.

   Es gibt zwei anerkannte Deutungen dieses Satzes. Die eine heißt "Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde" (1. Mose 1), die andere heißt: "Aus der immerbestehenden Essenz (des Raumes) bildete die zweifaltige Energie den doppelten Himmel".

   Es ist viel darüber gesprochen und geschrieben worden, welche dieser beiden Deutungen die richtige sei. Eine Schwierigkeit besteht darin, daß die Menschen etwas Feststehendes und Endgültiges haben wollen. Sie stehen auf dem Standpunkt, daß, wenn eine Erklärung wahr ist, alle anderen falsch sein müssen.

   Das ist aber niemals der Weg, welcher zur Wahrheit führt, die vielseitig und verschiedenartig ist. Jede okkulte Wahrheit kann von vielen verschiedenen Standpunkten aus betrachtet werden. Jeder Standpunkt bietet einen bestimmten Aspekt der Wahrheit, und erst die Gesamtheit der Aspekte ermöglicht eine vollständige, bestimmte Erfassung des Gegenstandes der Betrachtung.

   Schon die Tatsache, daß dieser Satz und viele andere der Thorah verschieden gedeutet werden können, was für die Uneingeweihten verwirrend, aber für die, die den Schlüssel besitzen, erklärlich ist, ist ein Beweis für die überirdische Weisheit jener wunderbaren Intelligenzen, welche die Thorah inspirierten. Wären die Vokale eingeschoben und eine Tei-

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lung unter den Worten angebracht worden, so hätten sie nur auf eine Weise gelesen werden können, und die großen und erhabenen Geheimnisse hätten sich nicht darin verbergen können.

   Diese Schreibart wäre für ein offenes Buch Gottes geeignet gewesen. Ein solches zu schreiben, lag aber nicht in ihrer Absicht. Es war nur für die Eingeweihten geschrieben und kann nur von ihnen mit Verständnis gelesen werden. Es hätte viel weniger Geschicklichkeit erfordert, das Buch offen zu schreiben, als seinen Sinn zu verhüllen. Es wird keine Mühe gespart, die Aufklärung zur richtigen Zeit allen zu geben, die ein Recht auf sie haben. Denen aber, die dieses Recht noch nicht erworben haben, muß die Wahrheit verhüllt bleiben.

Die Theorie der Urnebel

   In dem Licht betrachtet, das auf die Genesis und auf die Entwicklung unseres Sonnensystems fällt, wird es klar, daß beide Wiedergaben des Eröffnungssatzes der Genesis für ein Verständnis des Gegenstandes nötig sind. Der erste spricht von einem Beginn unserer Entwicklung, in dem die Himmel geschaffen wurden. Die zweite Auslegung ergänzt die erste durch die Hinzufügung, daß der Himmel und die Erde aus der "immerbestehenden Essenz" und nicht aus "nichts" geschaffen wurden, wie die Materialisten es spöttisch deuten.

   Die kosmische Wurzelsubstanz wird zusammengezogen und in Bewegung gesetzt. Die Ringe, die sich infolge der Trägheit der rotierenden Masse bilden, brechen von dem zentralen Teil ab und bilden Planeten usw., wie dies der moderne Gelehrte mit bewundernswerter Genialität herausgefunden hat. Die okkulte und die moderne Wissenschaft sind, was den modus operandi (Art des Handelns) anbelangt, in völliger Übereinstimmung. In diesen Feststellungen ist nichts, was mit den zwei Theorien nicht in Übereinstimmung wäre, wie sogleich gezeigt werden wird. Die okkulte Wissenschaft lehrt, daß Gott den Anstoß zum Prozeß der Gestaltung

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gab und das System unablässig auf eine bestimmte Bahn lenkt.

   Der moderne Gelehrte will die für ihn törichte Idee zurückweisen, und um zu beweisen, daß die Annahme eines Gottes nicht erforderlich sei, nimmt er eine Schüssel mit Wasser und schüttet ein wenig Öl hinein. Wasser und Öl stellen Raum und Feuernebel dar. Nun beginnt er das Öl mit einer Nadel zu drehen und bringt es in eine Kugelgestalt, die, wie er erklärt, die Zentralsonne darstellt. Wenn der Ölball schneller und schneller gedreht wird, teilt er sich am Äquator und stößt einen Ring ab. Der Ring zerreißt, und die Teile vereinigen sich und bilden eine kleinere Kugel, die um die Zentralmasse wie ein Planet um die Sonne kreist. Dann fragt er voll Mitleid den okkulten Gelehrten: "Sehen Sie nicht, wie das vor sich geht? Dazu bedarf es keines Gottes noch sonst einer übernatürlichen Kraft."

   Der Okkultist erkennt bereitwillig an, daß ein Sonnensystem sich auf eine ähnliche Weise bilden kann. Aber er ist im höchsten Grad verwundert, daß ein Mann, der mit so klarer Intuition die Wirkungsweise der kosmischen Kräfte beobachten kann und den Intellekt besitzt, eine so ausgezeichnete Beweisführung für diese monumentale Theorie zu geben, gleichzeitig nicht bemerkt, daß er bei seiner Vorführung selbst die Rolle Gottes spielte. Seine Kraft goß das Öl ins Wasser, wo es in Ewigkeit träge und gestaltlos verblieben wäre, wenn er es nicht durch seine Kraft in Bewegung gesetzt hätte. Sie verwandelte es in eine Darstellung der Sonne und der Planeten. Sein war der Gedanke, der das Experiment entwarf, Öl, Wasser und Kraft benutzte, um dadurch auf wundervolle Weise den dreieinigen Gott darzustellen, der in der kosmischen Substanz arbeitet, um ein Sonnensystem zu bilden.

   Die Attribute Gottes sind: Wille, Weisheit und Tätigkeit (man sehe sich Diagramm 6 an und beobachte sorgfältig, was der Name "Gott" in dieser Terminologie bedeutet). Der Wissenschaftler hat den Willen, den Versuch auszuführen. Seine Erfindungsgabe findet Wege und Mittel zur Durchfüh-

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rung des Versuches. Sie entspricht der Weisheit, dem zweiten Attribut Gottes. Er hat auch die zur Ausführung des Vorgangs nötige Muskelkraft, die der Tätigkeit, dem dritten Attribut Gottes, entspricht.

   Das Weltall ist ferner kein riesiges Perpetuum mobile, das, einmal in Bewegung versetzt, ohne innere Ursache und leitende Kraft in Bewegung bleibt. Auch das wird durch das Experiment des Gelehrten bewiesen, denn in dem Augenblick, in dem er aufhört seinen Ölball zu drehen, hört die geordnete Bewegung seiner Miniaturplaneten ebenfalls auf, und alles wird wieder zu einer gestaltlosen Menge von Öl, das auf dem Wasser schwimmt.

   Auf gleiche Weise würde sich das Weltall plötzlich im "substanzlosen Raum" auflösen, wenn Gott für einen Augenblick aufhören würde, seine allumfassende Fürsorge und seine belebende Tätigkeit walten zu lassen.

   Die zweite Deutung der Genesis ist bewundernswürdig genau in ihrer Beschreibung der zweifaltigen, gestaltenden Energie. Sie betont nicht ausdrücklich, daß Gott dreieinig ist. Sie setzt diese Kenntnis beim Leser voraus. Sie stellt die genaue Wahrheit fest, behauptend, daß nur zwei Kräfte bei der Bildung eines Weltalls tätig sind.

   Wenn sich der erste Aspekt Gottes als der Wille zur Schöpfung äußert, so erweckt er den zweiten Aspekt (der Weisheit ist), um einen Plan für das künftige Weltall zu entwerfen. Diese erste Manifestation der Kraft ist die Vorstellung (Imagination). Nachdem diese Urkraft der Vorstellung die Idee eines Weltalls gefaßt hat, ruft der dritte Aspekt (der Tätigkeit ist), durch seine Arbeit in der kosmischen Substanz Bewegung hervor. Diese ist die zweite Äußerung der Kraft. Bewegung allein genügt indessen nicht. Um ein Weltensystem zu bilden, muß die Bewegung geordnet sein. Daher ist Weisheit erforderlich, um die Bewegung intelligent zu lenken, damit bestimmte Ergebnisse erzielt werden.

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   So finden wir folgende Deutung des ersten Satzes der Genesis: Am Anfang formte geordnete, rhythmische Bewegung in der kosmischen Wurzelsubstanz das Weltall.

Die schöpferischen Hierarchien

   Die zweite Auslegung des ersten Satzes gibt uns auch dadurch einen vollkommeneren Begriff von Gott, daß sie von der zweifaltigen Energie spricht. Dadurch weist sie auf die positiven und negativen Seiten des einen Geistes von Gott während seiner Manifestation hin. In Übereinstimmung mit der okkulten Wissenschaft wird Gott als ein zusammengesetztes Wesen dargestellt. Das wird in den übrigen Versen des Kapitels betont.

   Außer den schöpferischen Hierarchien, die aus freiem Willen an unserer Entwicklung arbeiteten, gibt es noch sieben andere, die zu unserer Entwicklung gehören und gemeinsam mit Gott an der Bildung des Universums arbeiten. Im ersten Kapitel der Genesis werden diese Hierarchien "Elohim" genannt. Der Name bezeichnet eine Schar zweifacher oder doppelgeschlechtiger Wesen. Der erste Teil des Wortes ist "Eloh" und ist ein weibliches Hauptwort. Der Buchstabe "h" gibt das Geschlecht an. Wenn ein einziges weibliches Wesen gemeint gewesen wäre, so hätte man das Wort "Eloh" benutzt. Der weibliche Plural ist "oth".

   Wenn man also eine Anzahl Götter weiblichen Geschlechts hätte bezeichnen wollen, so hätte das Wort "Elooth" heißen müssen. Statt dessen finden wir die männliche Pluralendung "im", die an das weibliche Hauptwort "Eloh" gehängt wurde. Elohim bezeichnet eine Schar männlich-weiblicher, also zweigeschlechtiger Wesen. Sie sind der Ausdruck der zweifachen, positiv-negativen schöpferischen Energie.

   Der spätere Teil des Kapitels weist ebenfalls auf die Mehrheit der Schöpfer hin. Den Elohim werden folgende Worte zugeschrieben: "Laßt uns den Menschen zu unserem Ebenbil-

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de machen", worauf inkonsequent hinzugefügt wird: "Er schuf sie männlich und weiblich."

   Die Übersetzer haben hier das verwirrende Wort "Elohim" (das entschieden nicht nur ein Plural, sondern beides, männlich und weiblich war) als gleichbedeutend mit dem geschlechtslosen Singular-Wort "Gott" angenommen. Wären sie in der Lage gewesen es anders wiederzugeben, selbst wenn sie es gewußt hätten?

   Ihnen war verboten, bestehende Ideen zu stören. King James wünschte nicht Wahrheit um jeden Preis, sondern Frieden um jeden Preis, und seine einzige Sorge war, Gegensätze zu meiden, die eine Störung in seinem Königreich hervorrufen könnten.

   In der Schöpfungsgeschichte des Menschen wird auch der Plural "sie" gebraucht, wodurch klar auf die Erschaffung von ADM, der menschlichen Wesen und nicht auf Adam, des Individuums, hingewiesen wird.

   Wir haben gezeigt, daß sechs schöpferische Hierarchien (außer den Herren der Flamme, den Cherubim, den Seraphim und den zwei ungenannten Hierarchien, die in die Freiheit eingegangen sind) den jungfräulichen Geistern halfen, die in sich selbst eine siebte Hierarchie bilden.

   Die Cherubim und die Seraphim hatten mit der Erschaffung der Form nichts zu tun. Darum wurden sie in dem erwähnten Kapitel, das sich mit der Formseite der Schöpfung befaßt, nicht erwähnt. Hier wurden nur sieben schöpferische Hierarchien genannt, die daran arbeiteten, den Menschen zu leiten, bis er eine dichte physische Form erlangte, durch die der innewohnende Geist sich betätigen konnte.

   Nach einer Beschreibung jedes Teiles der Schöpfungsarbeit wird gesagt: "Und Elohim sah, daß es gut war." Das wird siebenmal gesagt, das letzte Mal am sechsten Tag, nachdem die menschliche Form geschaffen war.

   Es wird festgestellt, daß am siebten Tag "Elohim ruhte". Das stimmt mit unseren okkulten Lehren über den Anteil überein, den jede der schöpferischen Hierarchien an der Evolutionsarbeit zur gegenwärtigen Periode genommen hatte.

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Es wird gelehrt, daß in der gegenwärtigen Periode die Götter und die schöpferischen Hierarchien sich von tätiger Mitwirkung zurückgezogen haben, damit der Mensch selbst an seiner Erlösung arbeiten könne, und daß die erforderliche Führung der Durchschnittsmenschheit den "Älteren Brüdern" überlassen bleibt, die jetzt die Mittler zwischen dem Men- schen und den Göttern sind.

Die Saturnperiode

   Nachdem wir nun darin einig sind, daß die Darlegung der okkulten Wissenschaft über den Beginn unseres Sonnensystems und die Arbeit der schöpferischen Hierarchien mit den Lehren der Bibel übereinstimmen, wollen wir die Darstellung der Bibel über die verschiedenen "Schöpfungstage" prüfen. Wir wollen sehen, wie sie mit den okkulten Lehren über die Saturn-, Sonnen- und Mondperiode, mit den dreieinhalb Weltkreisläufen der Erdperiode und der polarischen, hyperboreischen, lemurischen und atlantischen Epoche übereinstimmen, welche der gegenwärtigen arischen Epoche vorhergegangen sind.

   Natürlich konnte in ein paar Zeilen wie dem ersten Kapitel der Genesis keine eingehende Beschreibung gegeben werden. Die Hauptpunkte jedoch sind in geordneter Folge vorhanden und ähneln sehr einer algebraischen Formel für Schöpfung.

   Der zweite Vers (der engl. King James Übersetzung) lautet: "Und die Erde war wüst und unbewohnt, und Finsternis lag über dem Antlitz der Tiefe; und die Geister der Elohim fluteten über der Tiefe." Zu Beginn der Manifestation befand sich die jetzige Erde in der Saturnperiode. Es herrschten jene Zustände in ihr, die bei der Beschreibung dieser Periode bereits genannt wurden. Die Erde war nicht "ohne Form und leer", wie in der King James Lesart ausgesprochen wird. Sie war sehr heiß und daher wohlbegrenzt und von der Tiefe des Raumes getrennt, der kalt war. Wohl ist es wahr, daß sie finster war. Aber sie konnte finster und dennoch heiß sein, denn "dunkle" Hitze geht notwendigerweise der glühenden

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oder sichtbaren Hitze voran. Über der dunklen Erde der Saturnperiode schwebten die schöpferischen Hierarchien. Sie wirkten von außen auf sie ein und formten sie. Die Bibel nennt sie: "die Geister (spirits) der Elohim".

Die Sonnenperiode

   Die Sonnenperiode wird gut im dritten Vers beschrieben, der sagt: "Und Elohim sprach: Laßt es Licht werden, und es ward Licht." Diese Stelle wird als lächerlicher Unsinn verspottet. Man stellte spöttisch die Frage, wie auf Erden Licht sein konnte, wo die Sonne erst am vierten Tag erschaffen wurde. Der Erzähler in der Bibel spricht aber nicht von der Erde allein. Er spricht vom zentralen "Feuernebel", aus dem die Planeten unseres Sonnensystems einschließlich der Erde gebildet wurden. Sobald also der Urnebel den Zustand glühender Hitze erreichte, was in der Sonnenperiode der Fall war, bestand die Notwendigkeit einer Beleuchtung von außen nicht. Das Licht war im Innern.

   Im vierten Vers lesen wir: "Die Elohim schieden das Licht von der Finsternis." Selbstredend, denn der Außenraum war dunkel im Gegensatz zum glühenden Nebel, der während der Sonnenperiode vorhanden war.

Die Mondperiode

   Die Mondperiode wird im sechsten Vers (der engl. King James Übersetzung) wie folgt besprochen. "Und Elohim sprach: Es werde eine Feste in den Wassern, die da scheide das Wasser vom Wasser." Hier wird der Zustand der Mondperiode, als die Hitze des glühenden Feuernebels und die Kälte des Weltraumes einen Wasserkörper um den feuri-

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gen Kern gebildet hatten, gut beschrieben. Die Berührung von Feuer und Wasser erzeugte Dampf, der Wasser in Ausdehnung ist, wie unser Vers es beschreibt. Er unterschied sich von dem verhältnismäßig kühlen Wasser, das beständig am feurigen, heißen Kern niederschlug, um den ausströmenden Dampf zu ersetzen.

   So entstand eine unaufhörliche Strömung des Wassers. Durch seine Ausdehnung bildete sich ein Firmament, eine Feste oder eine Atmosphäre aus "Feuernebel", der durch die Berührung mit dem Weltraum verdichtet zum Kern zurückkehrt, um wieder erwärmt zu werden und einen anderen Kreislauf zu vollbringen. Daher gab es zwei Arten von Wasser und eine Trennung zwischen ihnen, wie in der Bibel festgestellt wird. Das verdichtete Wasser umschloß den feurigen Kern. Das sich ausdehnende Wasser oder der Dampf war an der Außenseite.

   Das stimmt auch mit der modernen wissenschaftlichen Theorie überein. Erst die dunkle Hitze, dann der glühende Nebel, später außen Feuchtigkeit und innen Hitze, schließlich Verkrustung.

Die Erdperiode

   Die Erdperiode wird als nächstes beschrieben. Ehe wir ihre Darstellung aufnehmen, müssen wir die Wiederholungen behandeln. Auch die angeführten Verse und die gegebenen Beschreibungen stimmen mit den Wiederholungen überein. Daher gilt das, was von der Saturnperiode gesagt wird, auch von dem Zustand eines Systems, wenn es aus irgendeiner Ruhepause hervorgeht. Die Beschreibungen der Saturn-, Sonnen- und Mondperiode würden daher auch mit den drei ersten Weltkreisläufen unserer gegenwärtigen Erdperiode übereinstimmen und die folgende mit den Bedingungen auf der Erde im gegenwärtigen Weltkreislauf.

   Im neunten Vers (der engl. King James Übersetzung) lesen wir: "Und Elohim sprach: Lasset die Wasser sich scheiden vom trockenen Land ...... und Elohim nannte das trockene Land Erde." Das bezieht sich auf die ersten festen Ver-

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krustungen. Hitze und Feuchtigkeit hatten den festen Körper unseres gegenwärtigen Planeten geformt.

   Die polarische Epoche. Der neunte Vers, der die Erdperiode in ihrem vierten Weltkreislauf beschreibt (in der die wirkliche Arbeit dieser Periode begann), beschreibt auch die Bildung des Mineralreiches und die Wiederholung des mineralischen Zustandes durch den Menschen in der polarischen Epoche. Jede Epoche ist auch eine Wiederholung des vorhergehenden Zustandes. Ebenso wie es Wiederholungen von Globen, Weltkreisläufen und Perioden gibt, so gibt es auch auf jedem Globus Wiederholungen all dessen, was vorhergegangen ist. Diese Wiederholungen sind endlos. Es ist immer eine Spirale in der Spirale, im Atom, im Globus und in allen anderen Phasen der Entwicklung.

   Kompliziert und verwirrend, wie das anfänglich erscheinen mag, ist es dennoch nicht so schwer zu verstehen. Es geht ein geordneter Plan durch das Ganze, und mit der Zeit wird man fähig, die Arbeit dieser Methode als Schlüssel, der die Verwirrung erschließt, zu erkennen und zu verfolgen. Analogie ist eine der besten Hilfen für das Verständnis der Evolution.

   Die hyperboreische Epoche wird im Vers elf bis neunzehn als die Arbeit des vierten Tages beschrieben. Dort wird erzählt, daß Elohim das Pflanzenreich, die Sonne, den Mond und die Sterne schuf.

   Die Bibel stimmt mit der modernen Wissenschaft darin überein, daß die Pflanzen den Mineralien folgten. Der Unterschied zwischen den beiden Lehren liegt in der Zeit, in der die Erde von der Zentralmasse losgetrennt wurde. Die Wissenschaft stellt fest, daß dies vor der Bildung irgendeiner Kruste geschah, die mineralisch oder pflanzlich genannt werden konnte. Wenn wir Mineralien und Pflanzen meinen, wie wir sie heute haben, so hat die Wissenschaft recht. Es gab keine dichte materielle Substanz, und doch war die erste Krustenbildung, die auf der Zentralsonne stattfand, mineralisch. Die Bibel gibt nur die hauptsächlichsten Ereignisse

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wieder. Es wird nicht berichtet, daß die Verkrustung schmolz, als sie von der Zentralmasse losgerissen wurde, zum Ring wurde, sich teilte und sich hierauf zur Kugel zusammenschloß. Bei einem Körper, der so klein wie unsere Erde ist, war die zur Wiederkristallisation erforderliche Zeit so verhältnismäßig kurz, daß der Geschichtsschreiber sie nicht verzeichnet. Er führt auch nicht die andere, untergeordnete Tatsache an, daß der Schmelzprozeß noch ein weiteres Mal stattfand, als der Mond von der Erde abgestoßen wurde. Er nimmt wahrscheinlich an, daß jemand, der zu okkulten Belehrungen berechtigt ist, über weniger wichtige Dinge, wie diese es sind, bereits unterrichtet ist.

   Die Pflanzen waren zur Zeit der Verkrustung des inneren Feuernebels ätherisch. Der Schmelzprozeß zerstörte sie deshalb nicht. So wie die Kraftlinien, längs derer sich die Eiskristalle bilden, im Wasser vorhanden sind, so waren die ätherischen Pflanzenformen in der Erde vorhanden, als sie sich kristallisierte. Sie waren die Formen, welche die dichte Materie um sich zogen und die Pflanzenkörper der Gegenwart und der Vergangenheit bildeten, die in den geologischen Schichten unserer Erde eingebettet sind.

   Diese ätherischen Pflanzenformen erhielten zu ihrer weiteren Fortbildung Hilfe, als nach der Trennung der Erde von Mond und Sonne die Wärme von außen kam. Diese Wärme gab ihnen die Lebenskraft, um die dichteren Substanzen an sich zu ziehen.

   Die lemurische Epoche wird in der Arbeit des fünften Tages geschildert. Diese dritte Epoche ist in gewissem Sinn die Wiederholung der Mondperiode. Wir finden in der biblischen Darstellung Zustände beschrieben, wie sie in der Mondperiode herrschten. Wasser, Feuernebel und die ersten Versuche sich bewegenden und atmenden Lebens.

   Vers zwanzig und einundzwanzig berichten uns, daß "Elohim sprach: Lasset das Wasser hervorbringen lebenatmende Wesen ...... und Vögel ......, und Elohim schuf die großen Amphibien und alle lebenatmenden Wesen gemäß

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ihren Arten und auch Getier mit Flügel" (King James Leseart).

   Es stimmt mit den Lehren der materialistischen Wissenschaft überein, daß die Amphibien den Vögeln vorausgingen. Der Schüler wird aufgefordert, besonders darauf zu achten, daß die Dinge, die gebildet wurden, nicht Leben waren. Es heißt nicht, daß Leben geschaffen wurde, sondern "Dinge", die atmen oder Leben einatmen ... Das hebräische Wort für das, was sie einatmen, ist nephesh. Man merke sich dieses Wort gut, da wir ihm später in einer anderen Form wieder begegnen werden.

   Mit der atlantischen Epoche befaßt sich die Arbeit des sechsten Tages. In Vers vierundzwanzig wird die Erschaffung der Säugetiere erwähnt, und hier tritt das Wort nephesh wieder mit der Erklärung auf, daß die Säugetiere "Leben atmeten". "Elohim sprach: Lasset die Erde hervorbringen lebenatmende Wesen ....... Säugetiere ......." und in Vers siebenundzwanzig: "Die Elohim formten den Menschen nach ihrem Ebenbilde: sie schufen sie männlich und weiblich."

   Der biblische Historiker übergeht den eingeschlechtigen und hermaphroditen Zustand der Menschen und spricht von den zwei getrennten Geschlechtern, wie wir sie jetzt kennen. Er mußte das tun, da er die atlantische Epoche beschrieb. In dieser Zeit gab es weder geschlechtslose Menschen noch Hermaphroditen, da die Trennung des Geschlechtes früher, in der lemurischen Epoche stattgefunden hatte. Das, was später Mensch wurde, konnte in jenen früheren Stadien seiner Entwicklung kaum als Mensch angesprochen werden, da es sich nur wenig von den Tieren unterschied. Daher vergewaltigt der Bibelschreiber die Tatsachen nicht, wenn er feststellt, daß der Mensch in der atlantischen Epoche gebildet wurde.

   Im Vers achtundzwanzig (in allen englischen Lesarten) finden wir ein kleines Wort von großer Bedeutung. "Elohim sagte: Seid fruchtbar und erfüllet die Erde wieder." Dies zeigt deutlich, daß der Verfasser, der das schrieb, mit der okkulten Lehre bekannt war, daß die Lebenswoge hier, auf

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Globus D der Erdperiode, sich bereits in früheren Weltkreisläufen entwickelt hatte.

   Die arische Epoche entspricht dem siebten Schöpfungstag, an dem die Elohim von ihrer Arbeit als Schöpfer und Führer ausruhten, und die Menschheit eine unabhängige Laufbahn begonnen hatte.

   Das beendet die Darstellung der Art, in der die Formen geschaffen wurden. Im folgenden Kapitel wird sie von dem Standpunkt aus wiedergegeben, der sich etwas mehr mit der Lebensseite befaßt.

Jehova und seine Mission

   Man hat viele gelehrte Diskussionen über den Widerspruch zwischen der Schöpfungsgeschichte des ersten Kapitels und dem Text, der mit dem 4. Vers des 2. Kapitels beginnt, geführt, besonders über ihre Urheberschaft. Man stellte fest, daß die beiden Berichte von verschiedenen Männern verfaßt wurden, weil das oder die Wesen, die der Übersetzer im ersten und zweiten Kapitel (Mose) der englischen Lesart "Gott" nennt, im ersten Kapitel des hebräischen Textes "Elohim", im zweiten Kapitel "Jehova" genannt werden. Man behauptet, daß derselbe Bibelerzähler Gott nicht durch zwei verschiedene Ausdrücke benannt hätte.

   Hätte er in beiden Fällen denselben Gott gemeint, so hätte er es auch nicht getan. Aber er war kein Monotheist. Er wußte wohl, daß er sich Gott nicht einfach als einen erhabenen Menschen vorstellen dürfe, der den Himmel als Thron und die Erde als Schemel für seine Füße benutzt. Als er von Jehova schrieb, meinte er den Führer, der mit der Leitung des besonderen Teils der Schöpfung betraut worden war und der in jenem Kapitel beschrieben wurde. Jehova war und ist einer der Elohim. Er ist der Führer der Engel, welche die

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Menschheit der Mondperiode waren, und er ist der Herrscher unseres Mondes. Der Leser wird zum besseren Verständnis der Stellung und der Zusammensetzung Jehovas auf Diagramm vierzehn verwiesen.

   Als Herrscher des Mondes hat er die Obhut über die dortigen degenerierten und bösartigen Wesen. Er beherrscht auch die Engel. Einige Erzengel, welche die Menschheit der Sonnenperiode waren, umgeben ihn. Diese sind die "Rassengeister".

   Es ist Jehovas Arbeit, feste Körper oder Formen durch die erhärtenden, kristallisierenden Mondkräfte zu erbauen. Darum ist er der Geber der Kinder, und die Engel sind seine Botschafter bei dieser Arbeit. Physiologen wissen genau, daß der Mond in enger Beziehung zur Schwangerschaft steht. Sie haben beobachtet, daß er die Perioden des Lebens in der Gebärmutter und andere physiologische Tätigkeiten beherrscht.

   Man weiß, daß die Erzengel als Geistwesen (spirits) oder die (geistigen) Führer einer Rasse für oder gegen ein Volk kämpfen, je nachdem die Entwicklungsbedingungen dieser Rasse es verlangen. In Daniel Kapitel 10, Vers 20 sagt ein Erzengel, der zu Daniel spricht: "Jetzt will ich wieder hin und mit dem Engelfürsten im Perserland streiten; aber wenn ich wegziehe, siehe so wird der Engelfürst von Griechenland kommen."

   Der Erzengel Michael ist der Rassengeist der Juden (Daniel 12,1), doch Jehova ist nicht der Gott der Juden allein; er ist der Begründer aller Rassenreligionen, die zum Christentum führen. Dennoch ist es wahr, daß er ein besonderes Interesse an den Vorfahren der jetzigen, in ihrer Entwicklung degenerierten Juden, den ursprünglichen Semiten, der "Keimrasse" für die sieben Rassen der arischen Epoche, hatte.

   Natürlich untersteht eine Keimrasse, der die embryonalen Fähigkeiten der Menschheit einer neuen Epoche eingeprägt werden sollen, der besonderen Obhut Jehovas. Aus diesem Grund wirkte er besonders auf die ursprünglichen Semiten ein. Sie waren sein "auserwähltes Volk", auserwählt, um der Keim einer neuen Rasse zu werden, die das "Gelobte Land"

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erben sollte, aber nicht nur in der Bedeutung Palästinas, sondern der ganzen Erde, wie sie gegenwärtig ist.

   Er führte sie nicht aus Ägypten heraus. Diese Erzählung ist unter ihren Abkömmlingen entstanden. Sie ist ein verworrener Bericht ihrer Flucht aus dem durch Fluten und Unglücksfälle verurteilten Atlantis in die "Wildnis" (die Wüste Gobi in Innerasien), um dort während der kabbalistischen vierzig Jahre zu wandern, ehe sie in das Gelobte Land einziehen konnten. In diesem Zusammenhang liegt eine doppelte und besondere Bedeutung in dem bezeichnenden Wort "gelobt".

   Das Land wurde das "Gelobte Land" (oder das Land der Verheißung) genannt, weil es als Siedlungsland oder Erde zu jener Zeit, als das "auserwählte Volk" in die "Wildnis" geführt wurde, nicht bestand. Ein Teil der Erde war von Fluten verschlungen, ein anderer war durch vulkanische Ausbrüche verändert worden, und es mußten Zeitalter vergehen, ehe die neue Erde in einem geeigneten Zustand war, in dem sie der arischen Rasse als Wohnort dienen konnte.

   Die ursprünglichen Semiten wurden abgesondert. Es wurde ihnen verboten, in andere Stämme und Völker einzuheiraten. Sie waren aber ein halsstarriges und hartes Volk, das größtenteils durch Schlauheit (cunning) und Begierde geleitet wurde und sich daher dem Befehl widersetzte. Ihre Bibel berichtet, daß die Söhne Gottes die Töchter der Menschen heirateten, und zwar die niederen Grade ihrer atlantischen Landsleute. So durchkreuzten sie die Pläne Jehovas und wurden "verworfen", da die Früchte solcher Kreuzungen zur Bildung des Samens einer kommenden Rasse nicht tauglich waren.

   Diese Kreuzungsprodukte wurden die Erzeuger der gegenwärtigen Juden, die jetzt von "verlorenen Stämmen" sprechen. Sie wissen, daß einige aus der ursprünglichen Zahl sie verließen und einen anderen Weg gingen. Sie wissen aber nicht, daß dies jene wenigen waren, die treu blieben. Die Erzählung von den zehn verlorenen Stämmen ist eine Fabel. Die meisten von ihnen gingen zugrunde, aber die Getreuen

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überlebten, und aus diesem treuen Überrest sind die jetzigen arischen Rassen hervorgegangen.

   Der Behauptung der Bibelgegner, daß die Bibel in ihrem jetzigen Kleid nur eine Verstümmelung ursprünglicher Schriften sei, stimmt die okkulte Wissenschaft gerne zu. Sie gibt sogar zu, daß Teile davon ganz und gar Fälschungen sind, und es wird kein Versuch gemacht, ihre Echtheit als Ganzes und in der Form, in der wir sie jetzt besitzen, zu beweisen. Die gegenwärtige Bemühung ist nur ein Versuch, ein paar Kerne okkulter Wahrheit aus der verwirrenden Menge von irreführenden und unrichtigen Auslegungen herauszuschälen, in denen sie von verschiedenen Übersetzern und Überarbeitern begraben worden sind.

Involution, Evolution und Epigenesis

   Nachdem wir im vorigen Absatz die Identität und die Sendung Jehovas aus der allgemeinen Verwirrung herausgeschält haben, gelingt es jetzt vielleicht, in den zwei sich anscheinend widersprechenden Berichten des ersten und zweiten Kapitels der Genesis (Mose) über die Erschaffung des Menschen die Übereinstimmung herauszufinden. Im ersten Bericht steht, daß er das letzte, und im zweiten, daß er das ersterschaffene von allen lebenden Wesen war.

   Wir bemerken, daß das erste Kapitel sich hauptsächlich mit der Erschaffung der Form befaßt, während das zweite Kapitel sich der Betrachtung des Lebens, und das fünfte Kapitel sich dem Bewußtsein widmet. Der Schlüssel zum Erfassen der Bedeutung ist, daß wir deutlich zwischen der physischen Form und dem Leben unterscheiden, das sich diese Form als seinen eigenen Ausdruck erbaut.

   Die Reihenfolge der Erschaffung der anderen Reiche wird im zweiten Kapitel nicht so genau wiedergegeben wie im ersten. Richtig ist es aber, daß, wenn wir den Menschen von der Lebensseite her betrachten, er als erster erschaffen worden ist. Wenn wir ihn jedoch vom Standpunkt der Form aus betrachten, wie es im ersten Kapitel der Fall ist, wurde er zuletzt erschaffen.

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   Durch den gesamten Verlauf der Evolution, durch Perioden, Globen, Weltkreisläufe und Rassen werden jene, die nicht durch die Herausbildung neuer Charaktereigenschaften besser werden, zurückgehalten und beginnen unmittelbar zu degenerieren.

   Nur jene, die plastisch, biegsam und anpassungsfähig für die neuen Formen bleiben, die dem erweiterten Bewußtsein entsprechen, nur das Leben, das die Verbesserungsmöglichkeit der Form, die es beseelt, auszuwerten vermag, kann sich mit den Pionieren einer Lebenswoge entwickeln. Alles andere muß zum Nachzügler werden. Das ist der Kern der okkulten Lehre. Der Fortschritt ist nicht einfach Entfaltung, nicht einfach Involution und Evolution. Da ist noch ein dritter Faktor, so daß es eine Dreiheit ergibt - Involution, Evolution und Epigenesis.

   Die ersten beiden Worte sind all denen wohlbekannt, die Leben und Form studiert haben. Es ist allgemein bekannt, daß die Involution des Geistes in die Materie stattfindet, damit die Form gebaut werden kann. Weniger bekannt ist, daß die Involution des Geistes Seite an Seite mit der Evolution der Form einhergeht.

   Vom frühen Beginn der Saturnperiode bis zur Zeit der atlantischen Epoche, als durch die luziferischen Geister "die Augen der Menschen geöffnet wurden", richteten sich als eine Folge davon die Tätigkeiten des Menschen - oder die Lebenskraft, welche Mensch geworden war - hauptsächlich nach innen.

   Dieselbe Kraft, die er jetzt aussendet, um Eisenbahnen, Dampfschiffe usw. zu erbauen, wurde nach innen gerichtet, um einen Träger zu bilden, durch den er sich manifestieren kann. Dieser Träger ist dreifach wie der Geist, der ihn erschuf. Dieselbe Kraft, durch die der Mensch jetzt die

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Bedingungen seiner Umgebung verbessert, wurde während der Involution zum inneren Wachstum verwendet.

   Die Form wurde durch die Evolution erschaffen. Der Geist erschuf den Körper und betrat ihn durch Involution. Aber das Mittel, die Verbesserungen zu ersinnen, ist Epigenesis. Der Mensch neigt dazu, die Gegenwart aus der Vergangenheit zu erklären. Alle Verbesserungen früherer Formen werden so angesehen, als ob sie latent in den Formen geruht hätten. Die Evolution wird nur als die Entfaltung von im Keime Vorhandenem betrachtet. Eine solche Auffassung schließt die Epigenesis aus der Entwicklung aus. Sie läßt keine Möglichkeit der Hervorbringung von irgendetwas neuem zu, sie gewährt der Originalität keinen Spielraum.

   Der Okkultist ist davon überzeugt, daß der Zweck der Evolution die Entwicklung des Menschen von einem ruhenden (statischen) zu einem dynamischen Gott ist, zu einem Schöpfer. Wenn seine gegenwärtige Entwicklung nur seine Erziehung wäre und er während seines Fortschrittes nur latente Möglichkeiten entwickelte, wie könnte er da lernen zu ERSCHAFFEN?

   Wenn die Entwicklung des Menschen nur darin bestünde, daß er lernt, immer bessere Formen nach Modellen zu bauen, wie sie in dem Intellekt des Schöpfers schon bestehen, so könnte er bestenfalls ein guter Nachahmer, niemals aber ein Schöpfer werden.

   Damit er ein unabhängiger, selbständiger Schöpfer werden kann, muß ihm seine Erziehung genügend Spielraum gewähren, um seine individuelle Eigenständigkeit zu betätigen, die Schöpfung von Nachahmung unterscheidet. Solange gewisse Züge der alten Formen den Erfordernissen des Fortschritts entsprechen, werden sie beibehalten, aber jeder Verkörperung fügt das sich entwickelnde Leben ursprüngliche Verbesserungen hinzu, die für seinen weiteren Ausdruck nötig werden.

   Die Pioniere der Wissenschaft begegnen der Epigenesis unaufhörlich als einem Faktor in allen Bereichen der Natur.

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Schon 1759 publizierte Caspar Wolf seine "Theoria Generationis", in der er zeigt, daß im menschlichen Ei absolut keine Spur des kommenden Organismus liegt, daß seine Evolution in der Hinzufügung neuer Formungen bestehe, in der Erschaffung von etwas, das im Ei nicht latent vorhanden ist.

   Haeckel (dieser große und furchtlose Erforscher der Natur, wie er sie sah, der der Erkenntnis der vollen Wahrheit über die Entwicklung sehr nahe kam) sagt von der "Theoria Generationis": "Ungeachtet ihres geringen Umfangs und ihrer schwierigen Terminologie ist sie eines der wertvollsten Werke in der ganzen Literatur der Biologie."

   Haeckels eigene Ansichten finden wir in seiner "Anthropogenie" dargestellt: "Heutzutage sind wir kaum berechtigt, Epigenesis eine Hypothese zu nennen, da wir vollständig davon überzeugt sind, daß sie eine TATSACHE ist. Wir können sie jeden Augenblick durch die Hilfe des Mikroskops nachweisen."

   Ein Architekt wäre ein trauriger Künstler, wenn er sich darauf beschränken würde, nur nach einem bestimmten Modell, nach dem er während seiner Lehrzeit bei seinem Meister bauen lernte, Häuser zu errichten, die er aber neuen Erfordernissen durchaus nicht anpassen könnte.

   Um erfolgreich zu sein, muß er neuere und bessere Häuser entwerfen können. Er muß das verbessern, was erfahrungsgemäß im alten Haus nicht dienlich war. Die Kraft, die der Erbauer jetzt nach außen richtet, um neuen Bedingungen besser angepaßte Häuser zu bauen, wurde in vergangenen Perioden verwendet, um neue und bessere Träger für das sich entwickelnde Ego zu errichten.

   Mit dem einfachsten Organismus beginnend, baute das Leben, das jetzt Mensch ist, die Form, welche seinen Bedürfnissen nachkommen sollte. Mit dem Fortschritt der Entwicklung wurden neue Verbesserungen erforderlich, die mit den früher befolgten Richtlinien im Widerspruch standen. Es mußte in einer neuen Art ein neuer Anlauf genommen werden. So konnte jeder vorhergehende Fehler vermieden werden. Denn die Erfahrung lehrte, daß die Entwicklung behindert würde, behielte man die alten Richtlinien bei. Dadurch wurde es dem sich bildenden Leben möglich, sich

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in einer neuen Art (Gattung) weiterzuentwickeln. Wenn weitere Erfahrungen lehrten, daß auch die neue Form nicht mehr geeignet war und sich den notwendigen Verbesserungen des sich entwikelnden Lebens nicht anpassen konnte, wurde auch sie verlassen. Ein neuer Weg wurde begonnen, eine den notwendigen Verbesserungen anpassungsfähige Form wurde bezogen.

   Auf diese Weise vervollkommnet das sich entwickelnde Leben Schritt für Schritt seine Träger. Diese Wandlung schreitet noch immer weiter voran. Der Mensch, der in der Vorhut der Entwicklung steht, hat seinen Körper vom amöbenähnlichen Zustand bis zur menschlichen Form des Wilden aufgebaut.

   Von da ab durchschritt er die verschiedensten Grade, bis die höchstentwickelten Rassen die besten und höchstorganisierten Körper auf Erden benützten. Zwischen Tod und Wiedergeburt bauen wir beständig Körper, in denen wir während unseres Lebens handeln sollen, und ein viel höherer Grad von deren Brauchbarkeit wird noch erreicht werden. Wenn wir zwischen den Leben im Erbauen Fehler machen, so werden sie offenbar, sobald wir den Körper während unseres Erdenlebens benutzen. Es ist gut, wenn wir fähig sind, unsere Fehler wahrzunehmen und uns darüber klarzuwerden, damit wir sie in späteren Leben vermeiden können.

   Aber so wie die Erbauer von Häusern geschäftlich zurückbleiben würden, wenn sie ihre Baumethoden nicht immerfort verbessern und so den Anforderungen ihres Berufes nachkommen, so versäumen es auch die, welche sich halsstarrig an alte Formen klammern, sich über die Arten zu erheben und bleiben als Nachzügler zurück. Diese Nachzügler übernehmen die Formen, aus denen die Pioniere herausgewachsen sind. Sie bilden die niederen Rassen und Arten jedes Naturreiches.

   Als das Leben, das jetzt zum Menschen geworden ist, durch den mineralischen, pflanzlichen und tierischen Zustand sowie durch die niederen menschlichen Rassen schritt, blieben längs des gesamten Weges Nachzügler zurück. Sie

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konnten die nötige Reife nicht erlangen, um auf dem Gipfel der Evolution zu bleiben. Sie übernahmen die verlassenen Formen der Pioniere und versuchten in ihnen die anderen zu überholen. Aber die fortgeschrittenen Formen standen nicht still. Im Fortschritt der Evolution gibt es keinen Haltepunkt. In dem sich entwickelnden Leben wird so wie im Handel ein Stillstand nur durch das "Festhalten am Alten" erwirkt. Das Gesetz lautet: Fortschritt oder Rückschritt. Die Form, die weiterer Verbesserungen nicht fähig ist, muß degenerieren.

   Daher gibt es eine Kette von sich verbessernden Formen, die von den Pionieren des sich entwickelnden Lebens benutzt werden, und eine andere Kette von degenerierenden Formen, die von den Pionieren verlassen und von den Nachzüglern beseelt werden, solange es solche in der besonderen Lebenswoge, zu der sie gehören, gibt.

   Sind keine Nachzügler mehr da, stirbt die Art allmählich aus. Die Formen haben keine Verbesserungsmöglichkeiten mehr; sie wurden durch immer unfähigere Bewohner vollständig kristallisiert. Sie kehren zum mineralischen Naturreich zurück, werden fossil und fügen sich verschiedenen Schichten der Erdrinde ein.

   Die Feststellung der materialistischen Wissenschaft, daß der Mensch durch das Pflanzen- und Tierreich, wie sie jetzt bestehen, ferner durch die anthropoiden Affen bis zu seinem gegenwärtigen Zustand hindurchging, ist nicht ganz korrekt. Der Mensch bewohnte niemals Formen, die mit denen unserer heutigen Tiere identisch sind, auch nicht mit denen der gegenwärtigen anthropoiden Affen. Er bewohnte Formen, die den Menschenaffen ähnlich, jedoch höher als diese waren.

   Die Wissenschaft sieht, daß eine anatomische Ähnlichkeit zwischen dem Menschen und dem Affen besteht, und weil der Evolutionsimpuls immer nach Verbesserung strebt, schließt er daraus, daß der Mensch vom Affen abstammt. Er wird aber verwirrt in seinen Bemühungen, das "fehlende Bindeglied" zwischen beiden aufzufinden.

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   Die Pioniere unserer Lebenswoge (die arischen Rassen), die einst affenähnliche Körper bewohnten, sind bis zu ihrem gegenwärtigen Entwicklungszustand fortgeschritten, während die Formen (die das "fehlende Bindeglied" waren) degenerierten und nun von den letzten Nachzüglern der Saturnperiode beseelt werden.

   Die niederen Affen sind nicht Vorfahren höherer Arten, sondern Nachzügler, welche die degeneriertesten mensch- lichen Formen bewohnen. Der Mensch hat sich nicht aus den anthropoiden Affen entwickelt. Das Gegenteil war der Fall: die anthropoiden Affen leben in vom Menschen degenerierten Körpern. Die materielle Wissenschaft, die sich nur mit der Formseite befaßt, hat sich so durch irrige Schlußfolgerungen selbst irregeführt.

   Dieselben relativen Beziehungen finden wir auch im Tierreich. Die Pioniere der Lebenswoge, die in der Sonnenperiode in die Evolution eintrat, sind die Säugetiere unserer Tage. Die verschiedenen Grade entsprechen den Stufen, die einstmals vom Menschen erstiegen wurden, doch degenerieren alle Formen, wenn sie von Nachzüglern benützt werden. Dies verhält sich ebenso im Pflanzenreich. Die Pioniere der Lebenswoge, die während der Mondperiode in die Evolution eintraten, werden unter den Obstbäumen gefunden. Die Nachzügler dieser Lebenswoge bewohnen alle anderen Pflanzenformen.

   Doch bleibt eine jede Lebenswoge in ihren eigenen Grenzen. Die Menschenaffen können, weil ursprünglich zur gleichen Lebenswoge gehörend, uns einholen und menschliche Wesen werden, aber kein anderes Tier wird unseren besonderen Entwicklungspunkt erlangen. Sie werden während der Jupiterperiode einen ähnlichen Zustand erreichen, jedoch unter anderen Bedingungen. Die gegenwärtigen Pflanzen werden die Menschheit der Venusperiode darstellen, jedoch unter noch viel mehr veränderten Bedingungen, und unsere Mineralien werden in der Vulkanperiode den menschlichen Zustand erreichen.

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   Die moderne Evolutionstheorie, besonders die von Haeckel, würde fast mit den Erkenntnissen der okkulten Wissenschaft übereinstimmen, wenn man sie vollständig umkehrte.

   Der Affe ist vom Menschen degeneriert.

   Die Polypen sind die letzte Degenerationsstufe der Säugetiere.

   Die Moose sind die niederste Degenerationsstufe des Pflanzenreiches.

   Das Mineralreich ist das Endziel der Formen aus allen Reichen, wenn sie den Gipfel der Degeneration erreicht haben.

   Ein Beispiel hierzu findet man in der Kohle, die einst pflanzlich war, auch im versteinerten Holz und in Fossilien, die von verschiedenen Tieren zurückgeblieben sind. Der gewöhnliche Stein oder Fels hat, was kein Gelehrter anerkennen würde, seinen Ursprung in einem anderen Reich und ist für den okkulten Forscher so gut mineralisierte Pflanze wie die Kohle selbst. Der Mineraloge wird gelehrt erklären, daß er aus Hornblende, Feldspat und Glimmer besteht, aber der geübte Hellseher, der ihn im Gedächtnis der Natur durch Millionen von Jahren zurückverfolgen kann, kann die Feststellung durch den Zusatz ergänzen: ja, und was ihr Hornblende und Feldspat nennt, sind die Blätter und Stengel prähistorischer Pflanzen, und der Glimmer ist alles, was von ihren Blumenblättern zurückblieb.

   Die okkulte Evolutionslehre wird auch durch die Wissenschaft der Embryologie beleuchtet, die feststellt, daß der vorgeburtliche Zustand eine Wiederholung aller vergangenen Entwicklungsstadien ist. Der Unterschied zwischen einem menschlichen Ei und dem von einigen der höheren Säugetiere, sogar der höheren Entwicklungsstufen im Pflanzenreich, ist selbst unter dem Mikroskop nicht zu erkennen. Sachkundige sind unfähig anzugeben, welches Ei das tierische und welches das menschliche ist. Sogar nach einigen der vorgeburtlichen Stufen kann der Sachkundige noch nicht zwischen dem menschlichen und dem tierischen Embryo unterscheiden.

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   Wenn man aber das tierische Ei durch den ganzen Schwangerschaftszustand studiert, so wird man bemerken, daß es nur durch den mineralischen und pflanzlichen Zustand hindurchgeht. Das ist, weil das Leben, das ein solches Ei beseelt, während der Sonnenperiode durch seine mineralische Entwicklung und während der Mondperiode durch sein Pflanzenleben hindurchging und nun in der Erdperiode gezwungen ist, im tierischen Zustand zu verharren.

   Andererseits aber hatte das Leben, welches das menschliche Ei benutzt, seinen mineralischen Zustand in der Saturnperiode, sein Pflanzendasein in der Sonnenperiode, es durchlief den Tierzustand während der Mondperiode, hat, nachdem es den Tierzustand erreicht hat, noch einigen Spielraum für Epigenesis, schreitet nun zum menschlichen fort und bleibt nicht einmal hier stehen. Vater und Mutter geben den Stoff ihrer Körper zum Aufbau des Kindeskörpers; aber besonders in den höheren Rassen macht Epigenesis es möglich, etwas hinzuzufügen, das das Kind von seinen Eltern unterscheidet.

   Wo Epigenesis im Individuum, in der Familie, Nation oder Rasse untätig ist, hört die Evolution auf und Degeneration beginnt.

Eine lebende Seele?

   So stimmen die zwei Schöpfungsgeschichten sehr gut überein. Die eine behandelt jene Form, die durch die MineralienPflanzen und Tierstufe aufgebaut wurde, und die Menschenform zuletzt erreichte.

   Die andere sagt uns, daß das Leben, das jetzt die menschlichen Formen beseelt, sich früher manifestiert hat als dasjenige Leben, das die Formen der anderen Reiche beseelt.

   Einer dieser Schöpfungsberichte allein wäre nicht vollständig gewesen. Im zweiten Kapitel verbergen sich hinter den Erzählungen von der Erschaffung des Menschen wichtige

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Einzelheiten; der Vers heißt: "Dann bildete Jehova den Menschen aus dem Staub der Erde und blies in seine Nasenlöcher den Atem (nephesh), und der Mensch wurde ein atmendes Wesen (nephesh chayim)."

   An anderen Stellen der King James Lesart wird nephesh mit "Leben" übersetzt; aber in diesem besonderen Fall (Gen. 2, Kap. 7) wird es mit "lebender Seele" wiedergegeben und vermittelt so die Vorstellung, daß ein Unterschied gemacht wurde zwischen dem Leben, das den menschlichen Körper beseelte, und dem, das die untergeordnete Schöpfung beseelte. Dieser Unterschied in der Übersetzung ist ein rein willkürlicher. Der Lebensatem (nephesh) ist derselbe bei Mensch und Tier. Das kann selbst denen bewiesen werden, denen die Bibel Autorität ist, denn selbst die King James Lesart stellt deutlich fest (Prediger 3, 19,20): "...... wie der eine stirbt, so stirbt der andere, ja, sie alle haben denselben Atem (nephesh), so daß der Mensch keinen Vorzug gegenüber dem Tier hat, ...... alle gehen an einen Ort."

   Die Tiere sind nur unsere "jüngeren Brüder". Wenn sie auch jetzt nicht so fein organisiert sind wie wir, werden sie einst unseren Zustand erreichen. Wir werden dann noch weiter fortgeschritten sein.

   Wenn behauptet wird, daß der Mann seine Seele auf die Weise erhielt, wie es in dem 7. Vers des 2. Kapitels der Genesis (2. Mose) beschrieben wird, und daß er sie auf keine andere Weise erhalten haben könne, ist es angemessen zu fragen, wo und wie die Frau ihre Seele erhielt.

   Die Bedeutung dieses Kapitels über die Einflößung des Lebensatems durch Jehova ist einfach und klar, wenn wir den okkulten Schlüssel benützen, und er hat den weiteren gewaltigen Vorteil, logisch zu sein.

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   Die Tatsache, daß der Herrscher des Mondes (Jehova) mit seinen Engeln und Erzengeln der Hauptbeteiligte an dieser Tat war, setzt den Zeitpunkt fest, zu dem diese Schöpfung stattfand. Es war zwischen dem früheren und dem mittleren Teil der lemurischen Epoche und muß gewesen sein, als der Mond von der Erde abgestoßen worden war, weil Jehova mit der Erschaffung der Körper nichts zu tun hatte, ehe nicht der Mond weggeschleudert wurde. Die Formen waren damals ätherischer. Es gab keine dichten und konkreten Körper. Man kann diese Körper nur mit Hilfe der erhärtenden und kristallisierenden Mondkräfte herstellen. Es muß in der ersten Hälfte der lemurischen Epoche gewesen sein, weil die Trennung des Geschlechtes, von der später berichtet wurde, in der Mitte dieser Epoche stattfand.

   Zu jener Zeit hatte der in der Bildung begriffene Mensch noch nicht begonnen, durch die Lunge zu atmen. Er hatte den kiemenähnlichen Apparat, den wir noch beim Embryo finden, wenn er den Zustand seines vorgeburtlichen Lebens durchläuft, der dieser Epoche entspricht. Er hatte kein rotes, warmes Blut, denn in ihm wohnte kein persönlicher Geist. Der ganze Körper war weich und biegsam. Das Skelett war weich wie Knorpel. Erst später als es nötig geworden war, die Menschen im Geschlecht zu teilen, wurde das Skelett hart und fest.

   Die Arbeit Jehovas war: feste, harte Knochensubstanz in die schon bestehenden weichen Körper zu bauen. Vor dieser Epoche, das heißt während der polarischen und hyperboreischen Zeit, hatten weder Mensch noch Tier Knochen.

Adams Rippe

   Die groteske und unglaubwürdige Art, in der sich die Teilung des Geschlechts nach den gebräuchlichen Lesarten der Bibel und besonders auch nach dem masoretischen Text vollzogen haben soll, beweist einmal mehr, was im alten hebräischen Text durch falsches Einsetzen von Vokalen ange-

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richtet werden kann. Auf eine Weise gedeutet, heißt das Wort tatsächlich "Rippe". Nach einer anderen Deutung jedoch, die mindestens ebenso berechtigt ist und außerdem dem gesunden Verstand entspricht, heißt es "Seite". Wenn wir das so verstehen, daß der Mensch männlich-weiblich war, und daß Jehova eine Seite oder ein Geschlecht in jedem latent werden ließ, müssen wir unserer Vernunft keine Gewalt antun, wie dies durch die Annahme der "Rippen"-Geschichte geschieht.

   Wird diese Leseart angenommen, so stimmt die okkulte Lehre mit der Bibel überein, und beide entsprechen den Lehren der modernen Wissenschaft, daß der Mensch einstmals zweigeschlechtig war, ehe er ein Geschlecht auf Kosten des anderen entwickelte. Als weiteren Beweis hierfür findet man, daß der Embryo bis zu einem gewissen Punkt zweigeschlechtig ist, worauf ein Geschlecht vorherrschend wird, während das andere zurückbleibt. Jeder Mensch besitzt die entgegengesetzten Geschlechtsorgane in rudimentärer Form. Dadurch ist er wirklich zweigeschlechtig wie der Urmensch.

   Scheinbar wünscht der Bibelerzähler in diesem zweiten Schöpfungsbericht gar kein genaues Bild der ganzen Evolution zu geben. Er ist eher bestrebt, das, was im ersten gesagt wurde, eingehender zu behandeln. Er erzählt uns, daß der Mensch nicht immer so atmete wie er jetzt atmet, daß es eine Zeit gab, in der die Menschen nicht im Geschlecht geteilt waren; daß Jehova es war, der die Veränderung hervorbrachte, wodurch der Zeitpunkt des Ereignisses festgestellt wurde. Bei weiterem Fortschreiten werden wir finden, daß darüber noch mehr Belehrungen gegeben werden.

Schutzengel

   Während der früheren Epochen und Perioden hatten die schöpferischen Hierarchien am Menschen gearbeitet, als er sich unbewußt entwickelte. ALLE menschlichen Wesen hatten damals nur ein gemeinsames Bewußtsein. Es bestand

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sozusagen ein Gruppengeist für die gesamte Menschheit. In der lemurischen Epoche wurde ein neuer Schritt unternommen. Die Körper hatten sich endgültig gebildet, sie mußten aber rotes, warmes Blut haben, ehe sie beseelt und die Wohnung des innewohnenden Geistes (spirit) werden konnten.

   In der Natur gibt es keine plötzlichen Prozesse. Wir würden uns einen falschen Begriff machen, wenn wir glaubten, daß in die Nase eingeblasene Luft einer Form aus Erde eine Seele geben und sie zu einem empfindenden, denkenden Wesen machen könnte.

   Der individuelle Geist war sehr schwach, machtlos und ungeeignet, seine dichten Träger zu regieren. Er ist in dieser Hinsicht auch jetzt noch nicht stark. Jedem berufenen Beobachter wird es auffallen, daß der Empfindungsleib die Persönlichkeit mehr regiert als der Geist (spirit), selbst auf unserer gegenwärtigen Fortschrittsstufe. Doch in der Mitte der lemurischen Epoche, als die niedere Persönlichkeit, der dreifache Körper, mit dem Licht des Ego beschenkt werden sollte, wäre dieses, sich selbst überlassen, vollständig machtlos gewesen, seine Träger zu lenken.

   Darum war es nötig, daß ein höher entwickeltes Wesen dem individuellen Geist (spirit) helfe und nach und nach den Weg für seine vollständige Vereinigung mit seinen Trägern vorbereite. Es geschah analog einer jungen Nation, die, ehe sie fähig wird, sich selbst zu regieren, einer stärkeren Macht unterstellt werden muß. Dieses Protektorat bewahrt sie gleichzeitig vor Gefahren von außen und vor Unbesonnenheit im Inneren. Ein solcher Beschützer der sich entwickelnden Menschheit war der Rassengeist. Für die Tiere ist es der entsprechende Gruppengeist, wenn auch in etwas anderer Weise.

   Jehova ist der höchste Rassengeist. Er ist sozusagen Rassengott und hat die Herrschaft über alle Formen. Er ist der oberste Herrscher und die höchste Kraft zur Aufrecht-

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erhaltung der Form und übt eine geordnete Herrschaft über sie aus. Die Erzengel sind die Rassengeister, und jeder hat Herrschaft über eine bestimmte Gruppe von Menschen. Sie haben auch die Herrschaft über die Tiere, während die Engel sie über die Pflanzen besitzen.

   Die Erzengel haben die Herrschaft über Rassen- oder Völkergruppen und auch über die Tiere, weil diese zwei Reiche Empfindungskörper haben, und die Erzengel erfahrene Baumeister in der Empfindungsmaterie sind; denn in der Sonnenperiode bestand die dichteste Welt aus dieser Materie, und die Menschen dieser Periode, die jetzt Erzengel sind, lernten ihre dichtesten Träger aus Empfindungsstoff zu bilden, wie wir jetzt lernen, unsere Körper aus den Elementen zu bilden, aus denen unser Erdball besteht. Daher wird man leicht verstehen, daß die Erzengel besonders befähigt sind, späteren Lebenswogen bei der Erbauung und Beherrschung ihres Empfindungsleibes zu helfen.

   Aus den gleichen Gründen arbeiten die Engel am Lebensleib der Menschen, Tiere und Pflanzen. Ihr dichtester Körper ist aus Äther gebildet, und daraus bestand auch Globus D in der Mondperiode, in der sie menschlich waren.

   Jehova und seine Erzengel haben zu den Rassen eine ähnliche Beziehung, wie die Gruppengeister zu den Tieren. Wenn individuelle Glieder einer Rasse vollständige Selbstbeherrschung entwickelt haben, lösen sie sich von dem Einfluß des Rassengeistes und jenem verwandter Wesen.

   Wie wir gesehen haben, liegt der Ausgangspunkt sowohl des Gruppengeistes, als auch von jedem im dichten Körper lebenden Ego im Blut. Der masoretische Text zeigt, daß der Verfasser des 3. Buch Mose (Leviticus) diese Kenntnis besaß. Im 14. Vers des 17. Kapitels wird den Juden der Genuß von Blut verboten, weil ...... "die Seele allen Fleisches im Blute ist", und im 11. Vers des selben Kapitels finden wir folgende Worte: ...... "denn die Seele des Fleisches ist im Blut ...... das Blut selbst ist der Vermittler

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für die Seele", wodurch offenbar wird, daß es auf beide, Menschen und Tiere angewandt wird, denn das hebräische Wort heißt an dieser Stelle: neshamah und bedeutet "Seele" - nicht "Leben", wie die King James Lesart besagt.

   Das Ego arbeitet unmittelbar durch das Blut. Der Rassengeist lenkt die Rassen durch seine Arbeit im Blut, wie der Gruppengeist die Tiere seiner Arten durch das Blut führt. So beherrscht auch das Ego seinen eigenen Träger, jedoch mit einem Unterschied.

   Das Ego arbeitet durch die Blutwärme, während der Rassengeist (bzw. Stammes- oder Familiengeist) durch die Luft wirkt, die in die Lungen eingezogen wird. Darum blies Jehova oder bliesen seine Abgesandten dem Menschen "den lebendigen Odem in seine Nase", denn dadurch sicherten sie den Rassen- und Gemeinschaftsgeistern usw., den Zutritt.

   Die verschiedenen Klassen der Rassengeister führten ihre Völker in unterschiedliche Klimate und in verschiedene Teile der Erde. Dem geübten Hellseher erscheint ein Stammesgeist als eine die Atmosphäre eines ganzen Landes einhüllende und durchdringende Wolke, dessen Bewohner unter seiner Herrschaft stehen. So werden die verschiedenen Völker und Nationen erzeugt.

   Paulus sprach von "Dem Fürsten, der in der Luft herrscht" (Eph. 2,2); von "Fürstentümern und Gewalten usw. (Eph. 3,10) und zeigte dadurch, daß er von den Rassengeistern wußte. Man macht heutzutage jedoch nicht einmal den Versuch, zu verstehen, was sie bedeuten, obwohl ihr Einfluß stark gefühlt wird.

   Patriotismus ist eines der Gefühle, die von ihnen ausgehen und von ihnen genährt werden. Sie haben heute (1909) nicht mehr die Gewalt über die Völker wie damals. Es finden sich Menschen, die sich vom Rassengeist befreit haben und mit Thomas Paine sagen können: "Die ganze Welt ist mein Vaterland."

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   Es gibt solche, die Vater und Mutter verlassen und alle Menschen als ihre Brüder ansehen können. Sie sind vom Familiengeist oder dem Geist der Sippe befreit, welcher sich vom Rassengeist unterscheidet und ein ätherisches Wesen ist. Andere dagegen, die tief in den Fesseln des Familien- oder Rassengeistes stecken, leiden unter schrecklichen Depressionen, wenn sie Heim oder Vaterland verlassen und die Luft eines anderen Familien- oder Rassengeistes atmen müssen.

   Zur Zeit, als der Rassengeist in die menschlichen Körper eintrat, gewann das individualisierte Ego eine gewisse Macht über seine Träger. Jedes menschliche Wesen wurde sich immer mehr dessen bewußt, daß es von anderen Menschen verschieden sei, und dennoch dachte es sich während ganzer Zeitalter in erster Linie nicht als Einzelindividuum, sondern als zu einer Familie, zu einem Stamm gehöriges Wesen.

   Die Nachsilbe -sohn, die noch manchem Namen unserer Tage anhängt, ist ein Überbleibsel dieses Gefühls. Ein Mann war nicht einfach Johann oder Jakob. Er war Johann Robertsohn oder Jakob Wilhelmsohn. In einigen Ländern war eine Frau nicht Maria oder Martha. Sie war Maria Marthastochter, Martha Mariastochter. Diese Gewohnheit setzte sich in manchen europäischen Ländern bis vor wenigen Generationen fort. Die Nachsilbe -sohn ist noch gebräuchlich, und der Familienname wird noch sehr geehrt.

   Bis zur Zeit Christi war unter den Juden der Rassengeist stärker als der individuelle Geist. Jeder Jude dachte zuallererst von sich selbst als Mitglied eines bestimmten Stammes oder einer bestimmten Familie. Sein größter Stolz war, vom Samen Abrahams zu sein. Das alles war die Einwirkung des Rassengeistes.

   Vor der Ankunft Jehovas, als die Erde noch ein Teil der Sonne war, gab es einen gemeinsamen Gruppengeist, der aus allen schöpferischen Hierarchien bestand und die gesamte menschliche Familie beherrschte; die Absicht jedoch war, daß jeder Körper der Tempel und das biegsame Instrument

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eines innewohnenden Geistes sein sollte, und das bedeutete eine schier unendliche Teilung der Herrschaft.

   Jehova bewirkte mit seinen Engeln und Erzengeln die erste große Teilung in Rassen, indem er jede Gruppe unter den leitenden Einfluß eines Rassengeistes, eines Erzengels, stellte. Für jedes Ego ernannte er einen Engel als seinen Schutzgeist, bis der persönliche Geist stark genug geworden war, um sich von allen äußeren Einflüssen zu befreien.


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